Gefahrenkarten
Wir alle erinnern uns noch an die bestürzenden Bilder aus dem Ahrntal.
Sintflutartige Regenfälle überzogen das Land.
Kleine Bäche schwollen zu mitreißenden Flüssen an.
Die Wassermassen rissen alles mit.
Die entstehenden Schlammlawinen begruben ganze Häuser unter sich.
Viele Menschen verloren ihr Leben.
Eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes.
Die Politik in Deutschland war sich einig:
Eine solche Situation durfte sich nie mehr wiederholen.
Wie wollte man hier in Zukunft vorsorgen?
Sturzflut-Risikomanagement
Der Begriff des “Sturzflut-Risikomanagements” wurde aus der Taufe gehoben.
Was verbirgt sich dahinter?
Sturzfluten sind heftige und plötzliche Überflutungen, die durch starke Regenfälle ausgelöst werden.
Das Sturzflut-Risikomanagement ist ein Konzept, um die Risiken solcher Ereignisse zu bewerten und Maßnahmen zu entwickeln, um sie zu reduzieren.
Es gibt verschiedene Szenarien, die hier betrachtet werden. Zum einen geht es um die Überflutungen, die durch wild abfließendes Wasser entstehen (pluviale Betrachtung). Zum anderen ist auch die Untersuchung Überschwemmungen an Gewässern dritter Ordnung (fluviale Betrachtung) relevant.
Beide Situationen können getrennt oder eben gleichzeitig auftreten.
Starkregenfrühwarnsystem
Eine wichtige Rolle spielt hier ein Starkregenfrühwarnsystem, das entwickelt wurde, um frühzeitig vor Starkregenereignissen zu warnen.
Starkregen bezieht sich auf starke und intensive Niederschläge, die innerhalb kurzer Zeit auftreten und große Mengen an Regenwasser mit sich führen können.
Diese Art von Niederschlag kann zu schweren Überschwemmungen, Erdrutschen und anderen Gefahren führen.
Ein Starkregenfrühwarnsystem besteht aus verschiedenen Komponenten, die zusammen arbeiten, um potenzielle Starkregenereignisse zu erkennen und rechtzeitig Warnungen auszugeben.
Diese Komponenten erfassen kontinuierlich meteorologische und hydrologische Daten, analysieren sie und senden bei Bedarf Warnungen an Behörden, Gemeinden und die Öffentlichkeit.
Gefahrenkarten
Die Informationen aus dem Starkregenfrühwarnsystem werden genutzt, um Gefahrenkarten zu erstellen.
Eine Gefahrenkarte ist eine Karte, die die potenziellen Gefahren und Risiken in einem bestimmten Gebiet aufgrund von Starkregen darstellt.
Diese Karten können verschiedene Informationen enthalten, wie zum Beispiel:
Gefahrenkarten dienen als Hilfsmittel für die Risikobewertung und das Management von Starkregenereignissen.
Sie ermöglichen es Behörden und Gemeinden, sich auf potenzielle Gefahren vorzubereiten, rechtzeitig Warnungen auszugeben und angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um Leben und Eigentum zu schützen.
Hier ist die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche wie Raumplanung, Bauvorsorge, Gefahrenabwehr, Katastrophenschutz und Informationsvorsorge sehr wichtig.
Verantwortlichkeiten
Die Verantwortung liegt vor allem bei den Kommunen.
Sie sind dafür verantwortlich, Maßnahmen zum Schutz des öffentlichen Raums, der öffentlichen Infrastrukturen und kommunaler Einrichtungen zu entwickeln.
Private Anwesen und Unternehmen sind in der Verantwortung ihrer Eigentümer.
Verfahren
Es gibt verschiedene Ansätze. Normalerweise wird eine objektbasierte Bewertung der Überflutungsgefährdung genutzt, bei der die Risiken für bestimmte Gebiete untersucht wird.
Optional kann auch eine Risikoanalyse durchgeführt werden, die die Überflutungsgefahr mit dem potentiellen Schaden in Relation setzt.
Auch politische Entscheidungsträger, die Bevölkerung und Unternehmen sind eingebunden, um alle relevanten Aspekte abzudecken.
Vorgehensweise
1.Bestandsanalyse
Die Bestandsanalyse erfasst zunächst sowohl wild abfließendes Wasser als auch Fließgewässer, was sowohl pluviale (regenbedingte) als auch fluviale (flussbedingte) Überflutungen einschließt.
Dabei finden Bestandsdaten ebenso Berücksichtigung, wie Ereignisdokumentationen und weitere wichtige Unterlagen.
Ebenso fließen Erfahrungswerte von Behörden, Institutionen und betroffenen Personen mit ein.
Zusätzlich ist eine „Topografische Analyse“ erforderlich, bei der eine genaue Untersuchung der Fließwege durchgeführt wird.
Dabei kommen digitale Geländemodelle und topografische Karten zum Einsatz, um den Verlauf der Hauptfließwege grob zu bestimmen.
Diese topografische Analyse bildet auch die Grundlage für weitere Vor-Ort-Untersuchungen.
Dabei werden örtliche Besonderheiten identifiziert, die Bebauung analysiert sowie vorhandene Infrastrukturen untersucht, die entweder als Rückhalt dienen oder zu Rückstau führen können.
Zudem erfolgt eine erste Bewertung der Gewässer, Gräben, sowie der siedlungswasserwirtschaftlichen Anlagen.
Dabei werden auch kritische Punkte wie Durchlässe oder Bereiche möglicher Geschiebemobilisierung berücksichtigt,
wobei Informationen aus dem Erosionsatlas Bayern oder lokalen Daten und Bodenkarten genutzt werden können.
Bereits vorhandene Erkenntnisse oder Maßnahmen aus dem Hochwasserrisikomanagement gemäß der EG-HWRM-Richtlinie
sowie relevante stadthydrologische Berechnungen fließen ebenfalls in die Bestandsanalyse ein.
2. Gefahrenermittlung
Die Untersuchung der Gefahrenlage (auch Gefährdungsanalyse genannt) beinhaltet die Analyse von Überflutungen, die durch Starkregen verursacht werden. Dabei werden sowohl das wild abfließende Wasser (pluviale Betrachtung) als auch die Möglichkeit von Überschwemmungen an Flüssen dritter Ordnung (fluviale Betrachtung) berücksichtigt.
Beide Gefahrenlagen können getrennt oder gleichzeitig auftreten und müssen hier besondere Berücksichtigung finden.
Folgende Richtlinien kommen hier zur Anwendung:
Der Leitfaden „Integrale Konzepte zum kommunalen Sturzflut-Risikomanagement“ gibt die Vorgabe für die Bemessungsniederschläge und im Folgenden für die Bemessungsabflüsse.
Der vom Deutschen Wetterdienst DWD herausgegebene Datensatz KOSTRA-DWD, der seit mehr als 30 Jahren herausgegeben wird, steht für „Koordinierte Starkniederschlagsregionalisierung und -auswertung des DWD“.
Er liefert grundlegende Rasterdaten zu Niederschlagshöhen und –spenden in Abhängigkeit von der Niederschlagsdauer D und der Jährlichkeit T.
Für die Berechnung der Hochwässer an Gewässern dritter Ordnung liegen die „Loseblattsammlung Hydrologie“ und das „Handbuch hydraulische Modellierung“ zu Grunde.
Gleichzeitig werden die Bemessungsniederschläge und –abflüsse basierend auf dem Leitfaden für „Integrale Konzepte zum kommunalen Sturzflut-Risikomanagement“ in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt, berücksichtigt.
Für die Ermittlung der Gefahrenlage an Gewässern dritter Ordnung werden hydrodynamisch-numerische 2D-Modelle verwendet, die verschiedene Abflussszenarien wie die HQhäufig, HQ100 und HQextrem berücksichtigen.
Wenn die Planung von baulichen Schutzmaßnahmen entlang der Gewässer zu erwarten ist, muss aus förderrechtlichen Gründen zusätzlich eine hydraulische Berechnung für das Szenario HQ100 + 15% Klimazuschlag durchgeführt werden.
Bei der Erstellung der Simulationsmodelle sind Brücken und Durchlässe ebenso zu Berücksichtigen, wie im Besonderen natürlich auch die Wirkung des Kanalnetzes.
3. Bewertung von Gefahren und Risiken
Das Ziel der Gefahren– und Risikobewertung besteht darin, die lokalen Risiken von pluvialen Überflutungen und fluvialen Hochwassern zu analysieren und an den betroffenen Standorten einzuschätzen.
Dabei wird systematisch untersucht, mit welcher Wahrscheinlichkeit und welchem Ausmaß Schäden in einem bestimmten Gebiet auftreten können.
4. Maßnahmenkatalog
Es werden spezifische und individuelle Vorsorgemaßnahmen erarbeitet, die sowohl technischer als auch nicht-technischer Natur sein können.
Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Risiken, die durch Starkregen und Sturzfluten entstehen, zu vermeiden oder zu reduzieren.
Dabei werden alle relevanten Akteure einbezogen und basieren auf der vorherigen Gefahren– und Risikobewertung. Die erarbeiteten Maßnahmen werden in einem Handlungskonzept zusammengefasst.